Designfakultäten des Freistaats Bayern

Stellungnahme des Verbunds der Designfakultäten des Freistaats Bayerns zum BayHIG 

2210-1-3-Werk




Die Designfakultäten des Freistaats Bayern fordern für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Bayern:

  • die Aufnahme der ›Verbund der Designfakultäten des Freistaats Bayern‹ (D*BY) in den Verteiler der Verbändeanhörung
  • die Anhörung des ›Verbund der Designfakultäten des Freistaats Bayern‹ (D*BY) zur fachlichen Beratung
  • die Ergänzung der ›Designforschung‹ bzw. der ›angewandten künstlerischen Forschung‹ sowie der Promotionsmöglichkeit in der Designforschung an HAWs im BayHIG




Design als Zukunfts- und Vernetzungsdisziplin

Digitalisierung, Entrepreneurship und Design sind die Innovationstreiber, die Wirtschaft, Nachhaltigkeit und soziale Teilhabe verbinden können. Design als Disziplin im Zentrum innovativer Prozesse verbindet verschiedene Fachgebiete und macht diese für den Transfer anschlussfähig1. Design als innovatives akademisches Forschungsfeld ist international (z. B. USA, China) und national in anderen Bundesländern (z. B. Hessen, Ba-Wü, NRW) längst entdeckt und wird massiv gefördert. Die Hochschulnovelle muss nachgesteuert werden, um Bayern in diesem zentralen Zukunftsfeld wettbewerbsfähig zu machen. Designforschung muss in Bayern dort etabliert werden, wo die innovative, angewandte Forschung beheimatet ist: an den bayerischen Designfakultäten der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs). Eine Verankerung von Designforschung an HAWs würde eine Bindung von Spitzenkräften der Disziplin an Bayern binden oder diese ins Land holen. Die Chance der Hochschulnovelle muss genutzt werden, um Designforschung an HAWs zu ermöglichen und zu fördern, um Bayern schneller, digitaler, nachhaltiger, sozialer und wirtschaftsstärker zu machen.

Design in der bayerischen Hochschullandschaft

Unsere Welt befindet sich in einem radikalen Umbruch2, sowohl Gesellschaft als auch Politik stehen vor großen Herausforderungen. Die Hightech Agenda und der Neuerlass des BayHIG bieten die Möglichkeit, die Rolle der Hochschulen neu zu gestalten. Die Hochschulen Bayerns nehmen eine zentrale Rolle bei den Aufgaben der Transformation ein. Große Veränderungen erfordern eine nachhaltige und ganzheitliche Zusammenarbeit von Wissenschaft/Kunst, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Als Disziplin im Zentrum von Innovationsprozessen vernetzt Design unterschiedliche Stakeholder, indem sie Kommunikation, Prozesse und Artefakte untersucht, reflektiert und gestaltet3. Design emotionalisiert und kommuniziert technologische Innovationen oder entwickelt neue kulturelle Muster4 – zum Beispiel in den Bereichen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Urbanisierung, Mobilität, Energiewende, nachhaltiger Tourismus oder Gesundheit und Pflege. Design stärkt und schützt vorhandene kulturelle Identitäten, entwickelt diese aber auch weiter und fördert dadurch die gesellschaftliche Akzeptanz für Neuerungsprozesse. Zusammen mit Digitalisierung und Entrepreneurship ist Design eine wichtige Querschnittsdisziplin, um Innovationskultur zu ermöglichen. Designforschung ist nach Übereinstimmung von Expert*innen unterschiedlicher Disziplinen von größter Bedeutung5 für fast alle Disziplinen der Hochschulfamilie.

Designforschung an HAWs im europäischen/nationalen Vergleich

Die Möglichkeit zur Designforschung in Bayern muss dringend an nationale und internationale Entwicklungen in der Hochschullandschaft angepasst und an HAWs ermöglicht werden. Im europäischen und nationalen Kontext sind Designforschung und Promotionsmöglichkeiten längst auch an HAWs/ Fachhochschulen verankert (z. B. in NRW). Designlehre findet in Bayern hauptsächlich an HAWs statt. Die besondere Art des Forschens, die sich in der Designforschung mit anderen Disziplinen verbindet, ist von immenser Bedeutung für die Innovationskultur Bayerns. Die Promotionsmöglichkeit ausschließlich an bayerischen Kunstakademien oder TUs, bei denen Design eine untergeordnete Rolle spielt, ist völlig unzureichend und würde die Potenziale der Designforschung nicht in wettbewerbsfähigem Maße ausschöpfen. Nur an bayerischen HAWs gibt es eigenständige Designfakultäten als akademische Selbstverwaltungseinheiten, die für die Forschung im Wissenschaftsgebiet Design zuständig sind. Designfor- schung als transferstarke, angewandte, künstlerische Forschung ist an HAWs richtig beheimatet, wo sie sich mit anderen angewandten Disziplinen vernetzt und die ›angewandte Forschung‹ sowie den Transfer stärkt.

Fehlen der Designforschung im BayHIG und Konsequenzen für den Standort Bayern

In der Neuaufteilung des Art. 3 BayHIG wird auf eine zeitgemäße Neudefinition der Hochschulaufgaben eingegangen. In Absatz 2 werden den Kunsthochschulen nun künstlerische und wissenschaftliche Forschung als Aufgaben zugewiesen. Die Designforschung als wichtige Schwesterdisziplin wird jedoch nicht erwähnt. Wird die Designforschung an HAWs nicht in das BayHIG aufgenommen, bleibt Bayern weiterhin allein aufgrund fehlender rechtlicher Rahmenbedingungen von zentralen Entwicklungen der Designdisziplin an HAWs abgeschnitten und wird hier nicht mehr anschlussfähig sein.

Forderung: Verankerung der Designforschung im BayHIG

Die Designdekan*innen des Freistaats Bayern fordern deshalb nachdrücklich die Ergänzung des Begriffs ›Designforschung‹ bzw. ›angewandte künstlerische Forschung‹ im BayHIG Art. 3 Absatz 3 sowie die Promotionsmöglichkeit in der Designforschung an HAWs analog zur ›künstlerischen Forschung‹ an Kunsthochschulen in Art. 3 Absatz 2. Als ›angewandte Kunst‹ ist Design bei den ›angewandten Wissenschaften‹ der HAWs richtig beheimatet. Design mit seiner kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Kraft muss analog zu Kunsthochschulen gefördert werden. Die Spezifizierung und Anerkennung des Designforschungsbegriffs, der sich von der klassischen wissenschaftlichen Forschung unterscheidet6, ist dringend notwendig, um dessen Innovationskraft zu entfalten und bspw. mit Practice-based PhDs innovative, anwendungsbezogene Forschungsergebnisse zu erlangen. Es gilt, Bayern und bayerische HAWs für die Spitzenkräfte der Designforschung attraktiv zu machen (nach UNESCO-ISCED-Level 8)7. Top-Absolvent*innen der HAWs, die für Aufgaben oder Promotionsmöglichkeiten in der Designforschung bislang erzwungenermaßen in andere Bundesländer und das Ausland abwandern, müssen in Bayern gehalten werden. Internationale Spitzenkräfte der Designforschung müssen nach Bayern gezogen werden, um eine Führungsrolle des Bundeslandes in Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Sozialem zu entfalten.

Fußnoten
  1. Vgl. Sloterdijk, Peter (2014): Der ästhetische Imperativ – Schriften zur Kunst. Berlin: Suhrkamp Verlag, S. 144
  2. Vgl. Vossenkuhl, Wilhelm, in: Aicher, Otl (1991): analog und digital. Berlin: Ernst & Sohn Verlag, S. 9 ff
  3. Vgl. Bürdek, Bernhard E. (2015): DESIGN – Geschicht, Theorie und Praxis der Produktgestaltung. Basel: Birkhäusler, S. 77 ff
  4. Vgl. Welsch, Wolfgang (1998): Ästhetisches Denken. Stuttgart: Reclam Verlag, S. 57
  5. Vgl. Mareis, Claudia (2011): Design als Wissenskultur. Bielefeld: Transcript Verlag, S. 9 ff
  6. Design als forschende Disziplin lässt sich weder allein den Naturwissenschaften, Ingenieurswissenschaften oder Geisteswissenschaften zuordnen. Die Designforschung hat – wie auch die künstlerische Forschung als Schwesterdisziplin – eine eigene Wissens- und Forschungskultur, Methodologien und Praxeologien. Diese im Hochschulkontext weiter zu etablieren, ohne dabei die für die Disziplin erforderliche Ambivalenz und Offenheit zu nehmen, würde den Auftrag der Hochschulen bestärken, offen und dynamisch durch Transfer in die Gesellschaft zu wirken (Vgl. BayHIG Art. 2 (4)). Designforschung und Design können so ihre Stärken für wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Aspekte der Innovationskulturen Bayerns entfalten.
  7. Vgl. UNESCO Institute for Statistics (2012): International Standard Classification of Education 2011, PDF S. 59 International Standard Classification of Education (ISCED) 2011 abgerufen am 27.06.2021


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